Dem Hias seine Pitts

Das war doch schon immer dein Jugendtraum!

Begonnen hat diese Geschichte bereits im Jahre 1993, da lag ein Bausatz der Robbe Pitts unter dem Christbaum. Damals als Schüler war das Modell mit Papas Hilfe innerhalb weniger Wochen fertiggestellt und sollte dann schon im Februar 1994 eingeflogen werden. Ein Traum sollte in Erfüllung gehen!

Aber es kommt halt gern anders als man denkt. Um es kurz zu machen: beim Erstflug hats „ordentlich gestaubt“, die Pitts war kompletter Totalschaden, der Kotflügel von Günthers neuen Opel Calibra leider auch. An dieser Stelle nochmal: Bitte entschuldige Günther!

Innerhalb kürzester Zeit war die Pitts aber trotzdem wieder repariert und flugfähig. Nur fliegen hab ich mich dann nie mehr getraut. So steht das gefällige Modell mit dem roten Katalogfinish noch heute unberührt auf dem Dachboden meiner Eltern. Aber offensichtlich hat mich dieses Modell bis heute nicht losgelassen, sonst wäre hier ja schon Schluss mit der Geschichte und die Pitts vom Titelbild wäre rot und nicht gelb.

Auf ein Neues!

Etwa 2018 hat mich das Pitts-Virus dann mal wieder gepackt und recht schnell hab ich auf Kleinanzeigen einen angefangenen Baukasten der Robbe Pitts zum fairen Preis gefunden. Nach etwas Bitten und Betteln hat sich der Vorbesitzer schließlich breitschlagen lassen und mir den Bausatz mit den angefangenen Tragflächen zugschickt, obwohl er den Versand aus gutem Grund erst verweigern wollte, sind die diffizilen Holzteile mechanisch doch recht empfindlich. Er sollte Recht behalten…..   Die Tragflächen haben den Transport wie befürchtet „nicht so gut“ überstanden. 

Irgendwie ein Déjà vu…..    

Dieser erneute Rückschlag führte dann dazu, dass der Bausatz ein paar weitere Jahre auf meinem Büroschrank abgelagert wurde.

Im Jahr 2020 war es dann soweit, dass ich den Bau dann erneut in Angriff nahm. Aus irgendeinem Grund durften wir vorübergehend nicht mehr in die Arbeit gehen, also hatte ich genug Zeit für so ein umfangreiches Projekt. 

Dass die Tragflächen beim Transport zerstört wurden, war dann eher ein „happy little accident“. Das gab mir schließlich den Impuls das Modell umzukonstruieren. Ich beschloss das Tragflächenprofil mit gerader Unterseite gegen ein symmetrisches auszutauschen. Bei der Pitts S1-S steht das zweite „S“ schließlich für symmetric, darum braucht ein Modell der S1-S natürlich auch ein symmetrisches Profil. So entschied ich mich für das NACA 0009, das für diesen Zweck geeignet sein sollte. Und wenn ich schon dabei war die Rippen neu zu zeichnen, hab ich auch kleinere Ausschnitte für die Holmgurte vorgesehen. Diese wurden dann aus dünnen Carbongurten gefertigt und ersetzen die „schweren“ 5x2mm starken Kiefernleisten die im Baukasten vorgesehen waren. 

Allerdings zieht das Ganze Konsequenzen nach sich. Die Flügelstreben müssen dann komplett geändert werden und die Form des Flügelausschnitts im Rumpf ändert sich wegen dem neuen Flügelprofil auch mit. So gesehen waren dann mehr als 50% der Stanzteile überflüssig und wurden durch selbst konstruierte Frästeile ersetzt. Weil damals zur Herstellung von Stanzteilen nur hartes Balsa verwendet werden konnte, waren die restlichen Teile dann recht schwer – mir persönlich ZU schwer. Kurzerhand habe ich diese dann auch noch durch leichtere getauscht. 

Optisch fallen die vielen Änderungen kaum auf, aber im Prinzip sind vom ursprünglichen Baukasten fast nur die Drahtbiegeteile, ein paar Balsaleisten und die Kunststoffteile verbaut.

Der Endspurt

Als Antrieb lag noch ein Sunnysky 2212 mit 1400kV aus einer abgestürzten Schaumwaffel bereit. Neu gelagert, dreht das ca. 70g schwere Motörchen eine 8×6″ Latte bei einem Stromverbrauch von gut 20A an einem 3s Lipo, also gute 200W für die angestrebten 900g Fluggewicht. Im Vergleich zum Original sollte mein Modell damit sogar etwas sportlicher unterwegs sein, haben die originalen 4-Zylinder Pitts ja eh „nur“ 220PS. 

Bespannt wird das Modell dann schließlich mit Oralight Bügelfolie. Als Vorbild für die Lackierung stand die erste Serien S1-S, die bei Aerotek 1973 vom Band lief. Der damalige Käufer Jim Klick, wählte ein knallgelbes Finish, mit schwarzen Kunstflugstreifen auf der Oberseite und gelb-schwarzem Karomuster auf der Unterseite, was den Punktrichtern bei Kunstflugwettbewerben die Unterscheidung zwischen Normal- und Rückenflug erleichtern soll. Heute steht das Original frisch restauriert im Pitts Flying Museum in Arizona.

Der leider bereits verstorbene Vorbesitzer Jim Klick zu Besuch bei „seiner“ N9JT und ein paar Eindrücke vom Vorbild:

Aber jetzt erstmal wieder zurück zum Modell. 

Als Fluggewicht hatte Robbe für den etwa 1m spannenden Doppeldecker „ab 1450g“ angegeben. Mit den heutigen Brushlessmotoren und Lipo-Akkus sollte es für jeden Modellbauer ein Leichtes sein dieses Gewicht zu unterbieten. Mein Zielgewicht von 900g habe ich zwar nicht realisieren können, aber 980g, sogar inklusive Telemetrie, lässt auf ein gutmütiges Flugverhalten hoffen. Pitts-typisch habe ich die EWD negativ, hier am Modell auf -0,25° für beide Tragflächen eingestellt. Später sollte sich zeigen dass -0,5° wohl perfekt für das Modell wären. Den Schwerpunkt hatte ich für den Erstflug an die Nasenleiste der unteren Fläche gelegt, später dann ca. 3mm nach hinten geschoben. 

Das Ergebnis

Damit ist im Juni 2022, mit erfolgreichem Erstflug das Projekt „Robbe Pitts“ für mich zu einem Höhepunkt gekommen. Fast 30 Jahre lang hat mich dieses Modell beschäftigt und in Ungewissheit belassen, ob Robbe Ende der 1980er Jahre mit der Pitts ein Modell für die Vitrine oder ein ernsthaftes ModellFLUGZEUG auf den Markt gebracht hat. Mit Überzeugung kann ich jetzt inzwischen sagen, dass es ein richtiges Flugmodell ist – mit einem herrlichen Flugbild!

Kunstflug ist durchaus möglich, nur so quirlig wie diese Hummel ist, wird man damit wohl beim IMAC keinen Blumentopf gewinnen. Macht aber nix, sie macht auch so riesen Spaß! 

Irgendwie ist die kleine Pitts zwar ein kleines, anschauliches aber trotzdem unscheinbares Modell, nur die ca. 200 Arbeitsstunden die in diesem Modell stecken, machen es für mich zu etwas ganz Besonderem. Ich hoffe dass sie mich noch lange begleitet, und mir viele schöne Flüge beschert. Eins kann ich aber schon sicher sagen: das wird nicht die letzte Pitts sein, die ich gebaut habe! In diesem Sinne bleibt mir nur noch ein Dank an Curtis Pitts auszusprechen! 

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